Sarah Kilter
SIE und ER leben gemeinsam in ihrer 50qm-Wohnung mit Klickautomat, ohne Balkon. Sie hat einen ständigen Begleiter, die Angst. Sie fürchtet sich vor sämtlichen Dingen, die außerhalb der Wohnung auf sie warten: Lärm, dem Straßenverkehr und jeglicher zwischenmenschlicher Interaktion.
Er träumt vom gemeinsamen Kind, seinem zweiten, für das er dann wirklich Verantwortung übernehmen will. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt: Das Warten auf den Telekomtechniker, das Amazon-Paket vor der Haustür und die monatlichen Termine bei Max, ihrem Osteopathen. Und so versucht das Paar der sicheren Einöde ihrer vier Wände mit Hilfe eines Rollenspiels zu entfliehen und dabei wird schnell klar, dass die Grenze zwischen Realität und Fiktion immer weiter verwischt. Denn ein anfänglich harmloser Tätowierungsversuch im eigenen Wohnzimmer führt schließlich zu einer handfesten Auseinandersetzung über die Frage nach Privilegien, Klasse und die scheinbare Unvereinbarkeit ihrer unterschiedlichen Biographien.
Und als dann eigentlich alles in Trümmern zu liegen scheint, taucht aus dem Nichts Frau Hunzen, die staatlich geprüfte Wundergutachterin, auf und durchbricht die tabulose Zweisamkeit mit ihrem sehr robusten Wesen. Dabei wächst aus dem zuvor aussichtslosen Konflikt des Paares plötzlich ein Hoffnungsschimmer, der vielleicht ja doch der romantischen Zweierbeziehung ihre Daseinsberechtigung gibt.
In „Von Wunden und Wundern“ schaut Sarah Kilter mit bissigem Humor und pointierter Beobachtungsgabe auf die Bodenlosigkeit einer Normalität, die sich in immer enger werdenden Kreisen um das nicht weggehen wollende Unglücklichsein, aber vor allem um sich selbst, dreht.
Sarah Kilter ist 1994 in Berlin als Tochter eines algerischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren. Von 2016 bis 2020 studierte sie szenisches Schreiben an der Universität der Künste in Berlin. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als freiberufliche Autorin für Theater, Hörspiel sowie Drehbuchautorin für Film und Fernsehen. Sie wurde 2020 zur deutschen Nachwuchsdramatikerin des Jahres gewählt.
„Von Wunden und Wundern“ wurde am 14. September 2024 am Schauspiel Leipzig uraufgeführt.
