Pit Hoerold
Frau im Krieg
Eine ältere Frau spricht
einen feindlichen Soldaten an:
»Freund, was machst du hier,
was haben meine Söhne, meine Töchter,
was hab ich dir angetan,
dass du dein Gewehr auf mich richtest?
Hier, nimm diese Handvoll
Sonnenblumenkerne als Geschenk.
Wirst du fallen, werden sie
aus deinem Grab erblühn und den Himmel
über mir erleuchten.
Wie gefällt dir das?
Doch besser noch, du schulterst
dein Gewehr, nimmst sie behutsam
in deine Hände, gehst und nimmst sie
mit in deine Heimat, legst sie dort
in die Erde, anstatt dass du hier
in der Erde liegst, wie mein geliebter Serhij,
den du bereits getötet hast.
Und dein geschundenes Land
wird bald wie ein ganzes
Sonnenblumenfeld blühn.«
Krieg – nonstop!
Der Versuch einer Antwort auf die Frage:
Welchen Beitrag kann Literatur zu einem
Angriffs- und Verteidigungskrieg für Freiheit
und Unabhängigkeit leisten, der seit Februar
im Mittelpunkt der Medien-Berichterstattung steht?
Was kann ein Autor, fern vom alltäglichen
Kriegsgeschehn, dem hinzufügen?
Welche Möglichkeiten hat er seine persönliche,
engagierte Sichtweise darzulegen, die einerseits
für Frieden plädiert, andererseits Verständnis
für den Befreiungskrieg des ukrainischen Volkes hat?
Ein Dilemma für den Pazifismus. Für alle
friedens- und freiheitsliebenden Leser:innen,
Zuschauer:innen. Und den Autor.
Das Buch (mit weiteren Texten) sowie Papiers Collés von Fern Rollinger erscheint Mitte April, zum Auftakt des Lese-Festivals »LiteraTour«.